Die erste Reise – nach der Schule die Welt entdecken

Warum dieses Erlebnis etwas ganz Besonderes ist

Reisen verändert den Blick aufs Leben und weitet den Horizont. Viele der Erfahrungen bleiben für immer und beeinflussen, was für ein Mensch wir werden. Das gilt besonders für die erste große Reise als junge Erwachsene: zum ersten Mal ohne Eltern, weg von der gewohnten Umgebung und dem Schul- oder Ausbildungsalltag. Wir stellen Jugendliche vor, die sich für einen ungewöhnlichen Weg entschieden haben: Jule fuhr mit dem Fahrrad von München bis nach Athen. Und Amelie und Luise haben sich auf ein ganz anderes Leben in Tansania eingelassen. Außerdem haben wir Tipps gesammelt, wie die erste Reise ein voller Erfolg wird.

Die 19-jährige Jule will sich nach dem Abi eine Auszeit nehmen, neue Länder und Kulturen kennenlernen. Die Münchnerin ist viel in der Natur unterwegs und lebt im Alltag möglichst nachhaltig. Deshalb steht fest: Etwas erleben und neue Eindrücke sammeln, das geht auch ohne Langstreckenflug. „Ich wollte nicht auf Bali Schildkröten retten, aber dafür erst mal 15 Stunden im Flieger sitzen und das Klima belasten.“ Also musste eine ressourcenschonende Alternative her. In ihrer Heimatstadt ist sie immer mit dem Fahrrad unterwegs, als Kind schon unternahm sie in den Sommerferien lange Radtouren mit ihrem Vater. Dann sieht sie zusammen mit ihrer Freundin Fanny den Film „Biking Borders“, in dem zwei Freunde mit dem Rad von Berlin nach Peking fahren. So entsteht die Idee, einfach auf zwei Rädern loszufahren. „Wir fanden die Vorstellung total cool, einfach spontan unterwegs zu sein und im Moment zu leben.“ China ist den beiden aber dann doch zu weit, stattdessen soll es in die griechische Hauptstadt Athen gehen. „Wir waren uns sicher, dass man nicht ans andere Ende der Welt fliegen muss, um ein Abenteuer zu erleben und andere Lebenswelten kennenzulernen.“

Im Gepäck: nur das Nötigste

Dass die Freundinnen zusammen losziehen, steht von Anfang an fest: „Es ist einfach schön, die Erlebnisse mit jemandem zu teilen, und auch in kritischen Situationen fühlt man sich zu zweit wohler. Auch für unsere Eltern war das beruhigend – wir mussten auch so schon jede Menge Überzeugungsarbeit leisten, um sie für unsere Pläne zu begeistern.“ Als es Anfang August 2023 dann wirklich losgeht, staunt der Freundeskreis der beiden schon ein bisschen: „Die haben bis zuletzt geglaubt, dass wir das nicht wirklich durchziehen.“ Aber Jule und Fanny sind startklar: Im Gepäck haben die beiden ein Zelt, das Nötigste an Kleidung und etwas Proviant. Im Hotel oder auf dem Campingplatz wollen sie nur ab und zu übernachten – die Idee ist, unterwegs spontan einen Schlafplatz zu finden. In kleinen Dörfern fernab vom Massentourismus fragen sie Anwohner:innen, ob sie ihr Zelt in Gärten oder auf Wiesen aufschlagen dürfen. „Es war schon aufregend, einfach zu klingeln und nach einem Schlafplatz zu fragen. Wir mussten meist mit Händen und Füßen erklären, was wir überhaupt wollen.“ Das klappte erstaunlich gut: „Wir haben immer einen Platz gefunden, die Menschen waren interessiert und freundlich. Es ist einfach eine schöne Art, in Kontakt zu kommen und zu erfahren, wie sie leben. Wenn man die Leute in ihrem Alltag kennenlernt, hilft das dabei, sie zu verstehen.“ Die jungen Frauen werden oft zum Abendessen oder zum Kaffee eingeladen, teilen mit den Kindern der Familien ihre Süßigkeiten. „Einmal durften wir in Bosnien bei einem heftigen Gewitter sogar auf dem Speicher übernachten und wurden richtig in die Familie aufgenommen. Die siebenjährige Tochter wollte unbedingt ein Foto mit uns machen, sie war total fasziniert davon, dass zwei Frauen so ganz allein unterwegs sind. Da hatte ich den Gedanken: Vielleicht inspirieren wir sie ja sogar dazu, später auch mal mit dem Rad loszuziehen.“ Um sich zu bedanken, schreiben die jungen Frauen Postkarten an alle, die sie aufgenommen haben – mit vielen sind sie noch immer in Kontakt.

Der Weg ist das Ziel

Zwei Monate lang sind Jule und Fanny unterwegs. Obwohl beide sportlich sind, geht es den Freundinnen nicht darum, in Rekordzeit zu fahren. Etwa 70 Kilometer pro Tag legen die beiden auf ihren Bikes aber zurück, schließlich wollen sie irgendwann in Athen ankommen. Haben sie dafür trainiert? „Eigentlich nicht. Wir sind allerdings fünf Tage nach Wien gefahren, um unsere Ausrüstung zu testen und zu schauen, wie wir zusammen klarkommen. Das hat zum Glück richtig gut geklappt. Ein spezielles Training braucht es aber nicht, wenn man eine gute Grundfitness hat.“ Dass dies nicht die letzte Reise dieser Art ist, steht für Jule fest. Auf ihrer Wunschliste stand vergangene Weihnachten fast nur Bikepacking-Equipment. Und es gibt viele Routen, die sie noch interessieren. „Ich liebe die Geschwindigkeit, mit der man beim Radfahren reist: Man kommt besser voran als zu Fuß, aber kann trotzdem jederzeit anhalten und ist nah an der Natur und den Menschen – viel mehr, als wenn man mit dem Auto unterwegs ist. Außerdem erdet es einen sehr. Und man merkt, worauf es ankommt und was so die Basics sind, die es wirklich braucht. Und dass sich viele Probleme von selbst lösen!“ Am schönsten ist für sie aber die Erkenntnis, dass die meisten Menschen einem nichts Böses wollen: „Wir haben keine schlechte Erfahrung gemacht, keine Übergriffe erlebt, wurden nicht beklaut.“ Eine gelungene Reise also – und wer weiß, vielleicht geht es für Jule ja irgendwann doch mit dem Fahrrad bis nach China.

Jules Tipps fürs Bikepacking:

1. Ein bisschen in den Tag hineinleben. Wenn alle Routen und Sehenswürdigkeiten schon durchgeplant sind, kommt die Spontaneität zu kurz.

2. Sich Zeit zum Kochen nehmen. Wir haben bewusst nicht jeden Abend etwas aus der Dose gekocht, sondern auch mal regionale Gerichte ausprobiert – das geht auch mit dem Campingkocher.

3. Unbedingt wissen, wie man einen Platten flickt. Auf Landstraßen liegen sehr viele Scherben und Nägel, ohne Flickzeug ist man aufgeschmissen

„Uns ist klargeworden, wie privilegiert wir sind“

Nicht jedes Ziel ist per Rad erreichbar. Für Luise und Amelie ist Nachhaltigkeit wichtig – auch wenn sie für ihren Freiwilligendienst nach Tansania geflogen sind. Uns haben sie von ihren Erfahrungen berichtet. (Amelie und Luise, 19)

„Ich habe mich für einen Freiwilligendienst im globalen Süden entschieden, um die Welt aus einer neuen Perspektive zu erleben. Die Zeit nach dem Abitur wollte ich dazu nutzen, um mich mit Menschen aus einer ganz anderen Kultur auszutauschen und sie verstehen zu lernen. In meinem Jahr in Tansania habe ich für eine Organisation gearbeitet, die sich für bessere Bildung und Aufklärung in den Dörfern einsetzt. Durch meinen Aufenthalt habe ich viel über nachhaltiges Leben gelernt, zum Beispiel, dass es keine Plastiktüten beim Einkaufen braucht und man die meisten Dinge reparieren kann, statt sie neu zu kaufen. Dass ich mich vegan ernähre, war dort überhaupt kein Problem, meine Gastfamilie hat das sofort akzeptiert. Die meisten Menschen dort essen auch nur zu besonderen Anlässen Fleisch, unter der Woche kochen sie vegetarisch, und Milchprodukte werden fast gar nicht verarbeitet. Ich habe mir auch schon vor dem Aufenthalt überlegt, wie ich als Externe möglichst wenig Schaden an der Umwelt anrichte. Zum Beispiel habe ich eine Trinkflasche mit Wasserfilter mitgenommen, damit ich dort das Leitungswasser trinken kann. So habe ich weniger Plastikmüll verursacht.“

Amelie, 19

„Mir ging es bei meinem Freiwilligendienst darum, globale Zusammenhänge zu verstehen und Auslandserfahrung zu sammeln. Ich wusste auch vor dem Aufenthalt schon, dass ich etwas im Umweltbereich studieren möchte, deshalb habe ich mich gezielt nach ökologischen Projekten umgesehen. Dabei bin ich auf den Verein Deutsch-Tansanische-Partnerschaft (dtp) gestoßen, der sich für Umweltschutz und interkulturelle Begegnungen einsetzt – für diesen bin ich dann für sieben Monate nach Tansania geflogen. Vor Ort habe ich vor allem Workshops zum Thema Nachhaltigkeit gegeben, Berichte gelesen oder übersetzt. Mir hat gut gefallen, dass der Verein für jeden Flug einen Betrag an eine tansanische Organisation gibt, die Bäume aufforstet und so die Flugemission kompensiert. Außerdem achtet die dtp sehr darauf, dass das Essen der Freiwilligen bei allen Workshops vegan oder zumindest vegetarisch ist. Als meine Eltern mich besucht haben, war mir wichtig, dass sie eine nachhaltige Safari buchen, wo zum Beispiel das Wasser mit Solar aufgeheizt wird. Insgesamt ist mir in Tansania auf jeden Fall noch mal bewusst geworden, wie privilegiert ich bin und auf wie viel man im Alltag eigentlich verzichten könnte.“

Luise, 19

Ab ins Ausland – aber wie? Wir stellen beliebte Varianten vor.

Work & Travel

Wer sich nach einem Auslandsaufenthalt ohne viel Struktur sehnt, kann sich nach einem Working-Holiday-Visum (gilt meist für ein Jahr) umschauen. Übernachtet wird meist in Hostels, gearbeitet wird tage- oder wochenweise, etwa als Erntehelfer:in. Der Rest der Zeit bleibt zum Reisen. Vor allem Australien, Neuseeland, Kanada und einige asiatische Länder sind beliebt. Bei der Organisation helfen private Anbieter. Eine umweltbewusste Variante ist das sogenannte WWOOFing: Freiwillige arbeiten für Kost und Logis auf einer Farm, die ökologische Landwirtschaft betreibt. Auf WWOOF kann man sich ein passendes Projekt aussuchen.

Freiwilligendienst

Beim meist einjährigen Freiwilligendienst lernt man den Alltag fernab der Heimat kennen und engagiert sich gleichzeitig sozial. Nur chillen ist nicht angesagt: In den Einrichtungen vor Ort sind die Freiwilligen als Vollzeitkraft eingebunden. Das bekannteste Modell ist das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das es auch im Ausland gibt. Auf der Seite der internationalen Jugendgemeinschaftsdienste oder bei „weltwärts“ sind alle Infos gebündelt.

Auslandspraktikum

Ein Praktikum im Ausland ist eine gute Möglichkeit, erste Berufserfahrung zu sammeln, und macht sich super im Lebenslauf. Ohne die Sprache bereits ein wenig zu sprechen, wird es aber schwierig – meist konkurriert man auch mit Einheimischen um die Plätze. Wer sich nicht selbst um Praktikumsplatz und Wohnungssuche kümmern möchte, kann eine Agentur beauftragen. Auch der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hilft weiter.

„Viele ändern nach dem Freiwilligendienst ihren Lebensstil“

Daniela Heblik vom staatlich geförderten Programm weltwärts verrät, was die erste große Reise unvergesslich macht und wie sie sich nachhaltig planen lässt.

Unser Programm wird vom Bundesentwicklungsministerium gefördert und ermöglicht jungen Menschen aus Deutschland einen Freiwilligendienst in einem Projekt in Afrika, Asien, Lateinamerika, Osteuropa oder Ozeanien. Genauso wichtig ist uns aber, dass auch junge Menschen aus dem Globalen Süden mit uns einen Freiwilligendienst in Deutschland leisten können. Durch die staatliche Förderung ist dies zum Glück möglich. Denn unser Ziel ist es, dass alle jungen Menschen erleben können, wie die Lebensbedingungen im Globalen Norden und im Globalen Süden voneinander abhängen.

Weil sie dort eine neue Sprache lernen, tief in eine andere Kultur eintauchen und andere Sichtweisen, Gewohnheiten und Lebensrealitäten kennenlernen. Dies verändert den Blickwinkel auf das Leben und lässt einen die eigenen Möglichkeiten wertschätzen. Viele „Rückkehrer:innen“ entscheiden sich dann für eine nachhaltigere Lebensweise, wenn sie sehen, dass die Lebens- und Konsumgewohnheiten in Deutschland oft auf Kosten anderer gehen. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass oft tiefe Freundschaften und Beziehungen zum Einsatzland entstehen.

Für einen Freiwilligendienst sollte man sich möglichst ein Jahr im Voraus bewerben, da dann die meisten Entsendeorganisationen mit der Auswahl der Freiwilligen beginnen. Dann sollten die Freiwilligen frühzeitig damit beginnen, ein Visum für das Reiseland zu beantragen – das kann mehrere Monate dauern. Wer noch keinen Reisepass hat, muss außerdem auch ein paar Wochen für die Ausstellung des Passes einplanen. Auch für die empfohlenen Reiseimpfungen benötigt man etwas Zeit, da es oft mehrere Impfdosen in längeren Zeitabschnitten braucht, um vollständig geschützt zu sein.

Gut ist es, die Landessprache schon ein bisschen zu sprechen. Außerdem sollte man natürlich eigene Interessen und Erfahrungen berücksichtigen. Viele Freiwillige bringen ja schon Kenntnisse mit: aus einem Sportverein, aus der Musikschule, einer Pfadfindergruppe oder einem anderen Hobby. Auch was das Einsatzland betrifft, haben viele schon bestimmte Wünsche, die die Entsendeorganisationen berücksichtigen. Bei weltwärts kann man sich auf der weltwärts-Börse über alle Projekte informieren und nach Einsatzland und Arbeitsbereich filtern.

Unverzichtbar sind eine gültige Aufenthaltserlaubnis (Visum), ein ausreichender Impfschutz und, falls nötig, eine Malaria-Prophylaxe sowie eine Auslandskrankenversicherung, die auch den Rücktransport umfasst. Bei einem Freiwilligendienst unterstützt der Anbieter bei all diesen Schritten, auch die Impfkosten übernimmt er. Außerdem sollte man sich vorher über das Reiseland informieren. Über die Gepflogenheiten im Land erfahren die Freiwilligen einiges in Vorbereitungsseminaren, um vor Ort nicht unsensibel aufzutreten. Ansonsten empfehlen viele Ehemalige, nicht mit festen Erwartungen und Vorstellungen an den Auslandsaufenthalt heranzugehen.


Dieser Beitrag erschien zuerst in einer Kurzfassung in unserem MAGAZIN fürs LEBEN, Ausgabe 1/2024. Unser Mitgliedermagazin erscheint dreimal im Jahr und bietet dir viele spannende Themen. Jetzt die aktuelle Ausgabe online lesen!

Bei Fragen sind wir gerne für Sie da!

0800/664 88 08

Von Montag bis Donnerstag, 08:00 bis 17:00 Uhr, sowie freitags von 08:00 bis 13:00 Uhr stehen Ihnen unsere Berater:innen im Krankheitsfall und bei sonstigen Themen zur Verfügung.