Was Me-Time genau ist und wie man mit Selbstfürsorge in Balance bleibt.
Eine Familie zu haben, ist wunderschön – aber eben auch ein Fulltime-Job. Deshalb kann es im trubeligen Alltag zwischen Krabbelgruppe und Hausaufgabenbetreuung leicht passieren, dass du deine eigenen Bedürfnisse aus den Augen verlierst. Dabei sind kleine Auszeiten wichtig für Eltern, um in Balance zu bleiben und die Batterien aufzuladen. Wir zeigen verschiedene Möglichkeiten, Me-Time in den Tagesablauf einzubauen, und stellen Menschen vor, die für sich und ihre Liebsten eine gute Balance gefunden haben.
Eltern kennen es: Kleine Kinder wachen früh auf, wollen versorgt und durchgängig betreut werden, bis sie abends wieder im Bett liegen. Später gilt es, sie pünktlich in Krippe oder Kindergarten zu bringen und wieder abzuholen oder die Hausaufgaben zu kontrollieren. Möglichkeiten zum Atemholen sind eher Mangelware. Dabei sind genau sie das Öl im Getriebe. Um im Bild zu bleiben: Läuft ein Motor nonstop auf Hochtouren, ist der Verschleiß entsprechend hoch und ein Schaden vorprogrammiert. Um auf Dauer zu funktionieren, muss er kontrolliert, gewartet und gelegentlich resettet werden. Nach diesem Prinzip funktioniert auch Selbstfürsorge: Eltern sind kein Perpetuum mobile, das läuft und läuft und läuft – sie brauchen ein Kontrastprogramm zum kräftezehrenden Familienalltag.
Me-Time – Auszeit allein
Me-Time sind Auszeiten allein, die zu den individuellen persönlichen Vorlieben passen: Aktive Typen laden ihre Batterien am besten wieder auf, wenn sie zum Beispiel joggen, schwimmen oder klettern. Weniger Energiegeladene genießen es, als Ausgleich zu ihrer Elternrolle sich einfach nur fallen zu lassen, indem sie etwa in die warme Badewanne oder Sauna gehen, sich in ein chilliges Café setzen oder eine Wohlfühlmassage genießen. Möchten Mütter oder Väter erst noch für sich herausfinden, was ihnen guttut und sie stärkt, können spezielle Kurse Klarheit geben, wie Elternschulen oder Familienbildungsstätten sie anbieten.
Pausen bewusst einplanen
Wer darauf setzt, dass sich von selbst Gelegenheiten zum Regenerieren ergeben, hofft oft vergebens. Denn von Aufräumen bis Einkaufen sind in einer Familie nie alle Aufgaben abgehakt. Besser ist es, in Absprache mit dem/der Partner:in Pausen fest einzuplanen und sich diese zu gönnen – angefangen bei einem leckeren Latte macchiato als Start in den Tag, bis zu längeren Auszeiten, wie Treffen mit guten Freund:innen oder Wochenenden ohne Anhang, aber mit Ortswechsel.
Effektiv regenerieren bei kurzfristigem Bedarf
Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung fördern die Fähigkeit, bei Bedarf schnell und effektiv zu regenerieren. Dabei kannst du – mit regelmäßiger Praxis – sogar Störquellen wie eine unaufgeräumte Wohnung oder lärmende Kinder im Zimmer nebenan ausblenden. Beim Entschleunigen und Fokussieren hilft auch ein Achtsamkeitstraining: Es basiert auf der Haltung, ganz im Hier und Jetzt zu sein, etwa durch konzentriertes, tiefes Ein- und Ausatmen oder indem du eigentlich automatisierte Bewegungen, wie Gehen oder Zähneputzen, ganz bewusst ausführst.
Kleine Auszeiten helfen dir dabei, fit für den turbulenten Familienalltag zu bleiben.
So machen wir’s – Eltern erzählen
Tanja Roos, 39, Mama, Coach und Autorin
„Wenn Eltern etwas für sich tun, ist das nicht egoistisch“, macht Tanja Roos klar. „Tanken sie auf diese Weise regelmäßig auf, hat die ganze Familie etwas davon. Denn wer immer nur gibt, überfordert sich auf Dauer, reagiert ungeduldig und genervt.“ Wie kräftezehrend das Leben mit Kindern sein kann, weiß die Mutter von vier Söhnen zwischen einem und zehn Jahren aus eigener Erfahrung. „Abends bin ich oft fix und fertig“, so die 39-Jährige über ihren prallvollen Alltag. „Trotzdem gehe ich gerne zum Yoga oder ins Fitnessstudio, um Abstand zu bekommen und zu regenerieren. Weil bei uns jeder Tag anders ist, plane ich dafür keine fixen Termine ein, sondern handhabe das flexibel.“ Ist sie unterwegs, hält ihr Mann Christian die Stellung. Generell teilen sie sich auch im Alltag 50:50 auf.
Bedürfnisse auf Augenhöhe mitteilen
Dass Christian anfallende Aufgaben gleichberechtigt übernimmt, ist „eine Frage der Übung“, so Tanja Roos. Und das Ergebnis eines gemeinsamen „Lernprozesses“ sowie jeder Menge Miteinanderreden. „Eine erfüllte Paarbeziehung braucht sehr viel Kommunikation, aber auch Mut zum Streiten“, resümiert sie. Grundlage sei, in sich hinein zu spüren, um die eigenen Bedürfnisse zu erkennen. „Die sollte man dem anderen ohne Vorwurf mitteilen und die Bedingungen verhandeln, ob und wie man sich seine Wünsche selbst oder gegenseitig erfüllt – das Ganze im Dialog und auf Augenhöhe.“ Außerdem gelte es, eigene Glaubenssätze zu hinterfragen, wenn das Gefühl dominiere, ständig funktionieren zu müssen, sich nichts gönnen zu dürfen. Probate Tipps zur Beziehungsarbeit, die Tanja und Christian Roos mit einer Reihe therapeutischer Ausbildungen untermauert haben, geben die beiden unter dem Motto „Das neue Wir“ in Coachings, einem Online-Kurs und als Buchautor:innen an andere weiter. „Der Beratungsbedarf ist da“, bilanziert Tanja Roos. „Heutzutage ist bei Paaren und in Familien alles möglich. Die Folge ist eine gewisse Rat- und Orientierungslosigkeit.“
Matthias Freiwirth, 34, Papa und IT-Spezialist bei der BKK ProVita
Radfahren, Musikmachen, Modellbau, Computerspiele: Matthias Freiwirth hat viele Hobbys, seine Frau ebenfalls. „Den Freiraum dafür haben wir uns seit Beginn unserer Beziehung genommen und genossen“, so der 34-Jährige, der bei der BKK ProVita Teil der IT-Abteilung ist. Als vor zwei Jahren seine Tochter zur Welt kam, wurde die Zeit für Aktivitäten und Me-Time knapper. „Unser eigenes Ding machen wir aber weiterhin, wenn wir einander Gelegenheit zum Durchschnaufen geben oder die Großeltern auf die Kleine aufpassen, das brauchen wir als Ausgleich.“ Hat er nur ein paar ungestörte Minuten, trinkt er einen Tee auf der Terrasse. Bei einer freien halben Stunde improvisiert er auf dem E-Piano oder seiner Gitarre.
Nicole Hey, 39, Mama und Vertriebsmitarbeiterin der BKK ProVita
Auch Nicole Hey musste sich in eine veränderte Lebenssituation einfinden. In dem Dorf, wo sie mit ihrem Mann lebt, war die 39-Jährige „stark im Vereinsleben eingebunden“. Als vor vier Jahren die Tochter und vor zwei Jahren der Sohn geboren wurde, legte sie die Betreuung von Gruppenstunden und Ausflügen für Pfadfinder:innen vorerst ad acta. „Im ersten Lebensjahr hatten unsere Kinder oberste Priorität“, blickt sie zurück. „Besonders intensiv war die Phase, als beide Wickelkinder waren und ich das Jüngere gestillt habe. Irgendwann ging meine Toleranzgrenze nach unten und meine Reizbarkeit nahm zu – beides Zeichen, dass ich Abwechslung brauchte und über andere Themen reden musste.“ Seither verabredet sie sich mit Freundinnen, um sich Auszeiten zu nehmen; die Kinder betreuen währenddessen Nicole Heys Mann oder die Großeltern. Auch ihre Teilzeitstelle bei der BKK ProVita, wo sie seit Oktober wieder im Vertriebsinnendienst arbeitet, bedeutet für sie „Abstand vom Familienalltag“. Um zwischendurch Pausen zu machen, hat sie zu Hause ein festes Ritual etabliert. „Wenn ich meinen Kaffee trinke, wissen meine Kinder: Mama bleibt mindestens fünf Minuten sitzen. Je älter sie werden, desto öfter kann ich so Atem holen.“
„Wenn Eltern etwas für sich tun, dann ist das überhaupt nicht egoistisch.“
Dieser Beitrag erschien zuerst in einer Kurzfassung in unserem MAGAZIN fürs LEBEN, Ausgabe 1/2024. Unser Mitgliedermagazin erscheint dreimal im Jahr und bietet dir viele spannende Themen. Jetzt die aktuelle Ausgabe online lesen!
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