Mobbing: Du bist nicht allein!

Mobbingopfer sind nicht allein. Es gibt hilfreiche Strategien und Anlaufstellen für Betroffene.

Was ist Mobbing?

Mobbing bedeutet, dass eine Person systematisch und über einen längeren Zeitraum schikaniert, gedemütigt und seelisch verletzt wird. Das kann langfristig krank machen, deshalb ist es so wichtig für Betroffene, sich rechtzeitig Hilfe zu suchen. Und: Es kann jede und jeden treffen – in der Schule, im Job, im privaten Umfeld. Die körperlichen wie seelischen Auswirkungen sind gravierend. Umso wichtiger ist es, dagegen anzugehen und Unterstützung zu suchen. Wie Gemobbte aus dem Teufelskreis ausbrechen können und welche Anlaufstellen es gibt, erfährst du hier.

Wo kommt Mobbing vor?

  • Die Teenagerin, der auf dem Schulweg zwei Klassenkameradinnen immer absichtlich davonradeln.
  • Der langjährige Mitarbeiter, den der neue Chef von verantwortungsvollen Aufgaben entbindet und in Teamsitzungen überkritisch abkanzelt.
  • Die Rentnerin, der beim Mittagessen im Heim nie ein Platz frei gehalten wird und die auf Fragen von ihren Mitbewohner:innen maximal wortkarge Antworten bekommt.

So unterschiedlich diese Personen und Konstellationen sein mögen: Alle drei Beispiele schildern Fälle von Mobbing. „Es ist eine besonders heimtückische Art von unfairer Behandlung gegen eine Person, der sie systematisch, regelmäßig und längere Zeit ausgesetzt ist“, sagt Siglinde Lösch von der Mobbing-Beratung München. Sie weiß aus Erfahrung: „Mobbing kann jeden treffen“ – Kinder, Jugendliche, Erwachsene, in öffentlichen Einrichtungen und Vereinen, am Arbeitsplatz oder unter Nachbar:innen.

Schikane und Ausgrenzung machen ohnmächtig

Nicht immer erfolgt Mobbing laut der Expertin bewusst, geplant und mit erkennbarer Absicht. Meist ist es ein schleichender Prozess aus vielen Nadelstichen. Die Folgen für Schikanierte, Drangsalierte, Benachteiligte und Ausgegrenzte können gravierend sein: Sie sind zunehmend verunsichert, zweifeln an sich, fühlen sich ebenso schuldig wie ohnmächtig. Körperlich hinterlässt das Spuren, von Schweißausbrüchen bis Ohrensausen; seelische Beschwerden sind Antriebslosigkeit, Ängste, Konzentrationsprobleme und schlimmstenfalls Selbsttötungsgedanken. All das machen viele Gemobbte ganz allein mit sich aus. Denn eine typische Reaktion auf Mobbing ist: sukzessiver Rückzug.

Was tun bei Mobbing?

Dabei wäre genau das Gegenteil sinnvoll: aktiv in die Handlung zu gehen, statt passiv zu leiden. Der Hauptgrund für Mobbing ist ungenügende Konfliktbearbeitung – daher ist es am besten, das Übel bei der Wurzel zu packen. Das heißt: Konflikte möglichst früh ansprechen, um sie gar nicht erst eskalieren zu lassen. Gelingt das nicht, kann in einer späteren Phase ein deutliches „Stopp!“ dem oder den Mobbenden signalisieren, dass die Grenzen des Erträglichen erreicht sind. Weil Gemobbten dazu im Alleingang oft die Kraft oder der Mut fehlt, sollten sie sich Hilfe holen: am Arbeitsplatz durch Vorgesetzte, Personalvertreter:innen oder den Betriebsrat; in der Schule durch Lehrer:innen, Schulpsycholog:innen und -leiter:innen; privat von Familie und Freund:innen. Eine hilfreiche, stärkende Unterstützung sind externe Mediator:innen oder Coaches, die Betroffene mit professioneller Distanz, viel Erfahrung und Know-how begleiten.

Raus aus dem Teufelskreis

Gemeinsam lässt sich nach Lösungsmöglichkeiten und Mobbing-Gründen suchen, die durch schwierige Situationen oder strukturelle Mängel begünstigt werden. „Im Job kann das Überlastung oder Konkurrenz im Team sein; von Chefseite wird oft gemobbt, um unliebsame Mitarbeiter loszuwerden“, sagt Siglinde Lösch. In der Schule werden gerne diejenigen von anderen attackiert, die nicht so sind wie die Allgemeinheit und wenig wehrhaft wirken; Mobbende werten sich durch ihr Verhalten selbst auf. Um ihnen mit mehr Rückgrat zu begegnen, nützt alles, was resilienter macht, wie Selbstfürsorge mit Entspannungstechniken oder die Nähe lieber Menschen, die guttut und auch zeigt: Du bist nicht allein.

Hilfe bei Mobbing? – „In die Handlung gehen und Hilfe suchen“

Siglinde Lösch ist zertifizierte Mediatorin in Wirtschaft, Arbeitswelt, Schule und Familie sowie systemische Mobbing- und Konfliktberaterin. Uns hat sie die wichtigsten Fragen zum Mobbing beantwortet.

Uns kontaktieren Betroffene, denen es total schlecht geht. Wegen Mobbing am Arbeitsplatz leiden sie an Angstzuständen, Schlaflosigkeit oder Depressionen. Ihre Probleme behalten sie leider zu lange für sich. Denn sie glauben, mit ihnen allein zu sein, und suchen die Schuld im eigenen Verhalten.

In Selbsthilfegruppen können sich Betroffene austauschen – und erkennen, dass Mobbing jeden treffen kann und dass es keine Schande ist, sich Hilfe zu suchen. Eine weitere Möglichkeit ist die Begleitung durch Paten, um über die belastende Situation zu sprechen und mit externer Hilfe aus dem quälenden Gedankenkarussell auszusteigen. Außerdem bieten wir Einzelberatungen an, in denen wir uns jeden Fall genau anschauen. Denn jeder ist anders. Gemeinsam mit den Betroffenen loten wir Lösungsmöglichkeiten aus. Das kann eine mehrwöchige Krankschreibung sein, wenn jemand einfach nicht mehr kann. Oder das von uns begleitete Gespräch mit dem Arbeitgeber und Personalvertretern, weil Mobbing aus nicht bewältigten Konflikten entsteht.

Wenn der Chef gestern laut geworden ist oder die Kollegin mal morgens nicht grüßt, ist das eine Konfliktsituation. Um Mobbing handelt es sich, wenn das System hat, also Mitarbeitende Betroffene wiederholt ausgrenzen und ihnen Informationen vorenthalten, Vorgesetzte sie dauerhaft übertrieben kontrollieren oder ihnen keine Arbeit geben.

Auffallend viele unserer Fälle kommen aus dem Sozialbereich, wo oft eher hilfsbereite, feinfühlige Menschen arbeiten. Es könnte sein, dass sie sensibler auf Anfeindungen reagieren oder sich weniger dagegen wehren als ein selbstbewusst-bodenständiger Handwerker. Es kann aber alle treffen.

Auch da gibt es keine allgemeingültigen Charakteristika. In Teams kann ein Mobbing-Grund Personalmangel sein, wenn Mitarbeitende zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen, weil eine Kollegin, ein Kollege länger oder häufiger krank ist. In dieser Überlastungssituation können Aggressionen und Rachegefühle entstehen, die sich in Mobbing äußern. Bossing – Mobbing von oben – dient oft dazu, unliebsame Mitarbeiter loszuwerden, indem deren Selbstwertgefühl zerstört wird. Da kann durchaus der Wunsch dahinterstecken, jemanden gezielt fertigzumachen.

Am Anfang treten kleine Konflikte auf, die sich irgendwann verhärten. Können sich Betroffene nicht wehren oder laufen bei der Suche nach einer Lösung gegen eine Wand, ziehen sie sich in sich selbst zurück und leiden unter gravierenden psychischen und physischen Folgen. Von Bluthochdruck über Migräne bis Bandscheibenvorfall ist alles dabei.

Mein Appell ist: Geht in die Handlung und sprecht Mobbende auf ihr Verhalten an – falls dazu Mut und Kraft reichen. Ansonsten holt euch Hilfe! Am Arbeitsplatz kann das der Gang zum Betriebsrat oder zu Vorgesetzten sein. Mobben die selbst, sollte die nächsthöhere Ebene eingeschaltet werden oder sogar das Arbeitsgericht. Je nach Situation und Firma gibt es verschiedene Hebel, bei denen man ansetzen kann. Mediation oder Coaching kann eine wichtige Unterstützung sein, die resilienter macht und das Selbstbewusstsein stärkt. Das alles erfordert aber Kampfgeist. Hat man den nicht, kann es auch besser sein, den Arbeitsplatz zu wechseln. Die eigene Gesundheit geht vor!

Da sollten sich Betroffene an Klassen- und Vertrauenslehrer, Sozialpädagogen oder die Schulleitung wenden. Es gibt tolle Methoden, um Mobbing zu unterbrechen und die Gründe dafür herauszufinden. Die werden aber bedauerlicherweise zu selten angewendet. Ebenso wichtig wie Hilfe im Einzelfall ist eine grundsätzliche Haltung zu Mobbing. Stellen sich Schulleitung und Lehrerschaft nicht klar dagegen, sind Mobbing Tür und Tor geöffnet.

Auf jeden Fall zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Die verfolgt zwar nicht alle Verfahren weiter. Aber taucht der Name eines Beschuldigten häufiger auf, geht das Ganze an die Staatsanwaltschaft. Es ist wichtig, einen Anfang zu machen.

Siglinde Lösch und ihre Kolleg:innen von der mobbing-beratung-muenchen.de helfen Betroffenen gerne weiter.

„Mobbing kann jeden oder jede treffen. Es ist keine Schande, sich Hilfe zu suchen.“

Bei Fragen sind wir gerne für Sie da!

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