Zu Fuß unterwegs

Wander- und andere Wege in die Welt und die Wiederentdeckung der eigenen Mitte

Gehen, joggen, wandern oder spazierend eintauchen in die Natur? – Hauptsache raus, zu Fuß unterwegs sein, und tief durchatmen! Denn bei Fortbewegung und Wanderschaft klärt sich der Kopf, wir entdecken unser tieferes Ich wieder und tanken eine besondere Kraft. Tempo und Rhythmus wählt jede:r selbst.

Laufen beginnt immer mit einem Schritt, dann öffnet sich die Welt. Jeder weiß, wie ein kleiner Mensch strahlt, wenn die ersten Schritte gelingen. Laufen bedeutet so viel mehr, als unsere ursprünglichste Bewegungsform und vorwärts zu kommen. Während wir laufen, spüren wir unsere Kraft und Selbstwirksamkeit, wie sich in der Natur mit den Lungen die Seele weitet, sich fern von Stress Gedankenknoten lösen, wir wieder mit uns ins Reine kommen können. Zum Beispiel.

Das Fortbewegungs-Tempo

Wenn es nach dem japanischen Schriftsteller und Läufer Haruki Murakami geht, müssen wir nur entscheiden, ob wir schnell oder langsam laufen, denn „sobald man sein Tempo gefunden hat, ergibt sich der Rest ganz automatisch“. Auch der ureigene Rhythmus: „Wenn zwei erfahrene Läufer sich begegnen, erkennen sie einander an der Atmung, und einer spürt den Rhythmus des anderen, ähnlich wie ein Schriftsteller die Sprache und den Stil des anderen erkennt.“

Joggen bis zum Marathon

Und der Start ist so einfach: Passende Schuhe anziehen und loslaufen kann fast jeder, der keine massiven gesundheitlichen Probleme des Bewegungsapparats hat. Kathrin Deggendorfer, Referentin Controlling der BKK ProVita, fing schon „während des Studiums im Klausuren-Stress an zu joggen“. Seit Corona andere Sportarten wie z. B. ihr Zumba-Training erschwert und sie viel Arbeitszeit im Homeoffice verbringt, läuft sie inzwischen noch mehr, „aktuell vier bis fünf mal die Woche“. Denn „beim Laufen kommen auch meine Gedanken in Fluss, manchmal kann ich es sogar zur Problemlösung nutzen“.

Kathrin lief mit ihrer kleinen Nichte durch das Ziel ihres ersten Marathons.

Die Wiederentdeckung des Glücks

Kathrin Deggendorfer rät Laufanfängern: „Nicht zu schnell laufen, sonst verliert man schnell die Lust. Mein persönliches Tempo macht mir am meisten Spaß, anschließend bin ich nicht völlig platt.“ Damit könne jeder zum Anfang auch die sechs Kilometer langen, „chilligen“ Firmenläufe schaffen. Sie selbst trainiert inzwischen für den Berlin-Marathon, nachdem sie bei ihrem ersten auf Mallorca „die Glücksgefühle erlebt habe, ins Ziel zu laufen. Bei Kilometer 30 wurde es hart, ab da brauchte ich Durchhaltevermögen. Aber jetzt lechze ich wieder nach mehr, denn das wird auch besonders belohnt“.

Der eingangs zitierte Murakami berichtet sogar von einem Ultramarathon, 100 Kilometer: „Während ich weiterlief, erlebte ich in der Gegend von Kilometer 75 einen Durchbruch. So fühlte es sich an. Es war, als wäre ich durch eine Mauer gegangen.“

Wanderweg von München nach Venedig 

Michael Blasius genießt die Freiheit, die Natur und seine eigene Kraft, wenn er tage- und wochenlang nur mit einem minimalistisch gepackten Rucksack unterwegs sein kann.

Michael Blasius, Hauptabteilungsleiter Marketing & Gesundheitsförderung sowie Pressesprecher der BKK ProVita, und seine Frau liefen Tausende Kilometer, natürlich langsamer. Ihre erste Fernwanderung war die Hochzeitsreise: zu Fuß von München nach Venedig.

„Dieser Traumpfad von Ludwig Grassler! Wir gehen gerne in die Berge zum Klettern, wozu ja auch der Zustieg gehört. Dabei merkten wir, wie viel es uns gibt, so reduziert und langsam unterwegs zu sein: der sich verändernde Untergrund, die Höhen und Tiefen, alles in Bewegung.

Die ersten beiden Tage vom Münchner Marienplatz nach Bad Tölz waren sehr anstrengend, doch am dritten erreichten wir schon übers Brauneck die erste echte Berghütte, die Tutzinger Hütte – ab da war die Reise ein Erfolg. Zunächst die Naturerfahrung, über die Alpen, dann durch die Prosecco-Ebene – auf einmal ist es heiß! Wir haben die dicken Bergsachen nach Hause geschickt und sind auf das Meer zugelaufen, alles aus eigener Kraft. Das war ein unglaubliches Gefühl!“

„Nach ein paar Tagen zu Fuß unterwegs hebt sich der Kopf und mit ihm die Seele.“

Wanderschaft ist mobile Meditation

Die beiden haben dieses Unterwegs-sein nur mit Rucksack nie als Mangel empfunden, sondern als Fülle. Aber man müsse reinkommen ins Laufen. „Die ersten Tage haben wir viel auf die Füße geschaut, aber nach ein paar Tagen hebt sich der Blick, der Kopf und mit ihm die Seele. Ein sehr eindrückliches Erleben beginnt.“ Michael Blasius und seine Frau sind seitdem öfter tagelang unterwegs, waren sogar einmal in Nepal, „wo wir in einem abgelegenen Kloster einer buddhistischen Nonne begegneten – unvergesslich! Die Ruhe  …“.

Nicht umsonst gehen Pilger seit jeher lange Wege zu heiligen Stätten, Wandern ist auch mobile Meditation.

Fortbewegung statt Stillstand

„Sei du selbst die Veränderung, die  du dir wünschst für diese Welt.“ Das Zitat von Mahatma Gandhi steht auf einer Broschüre des Deutschen  Alpenvereins, der 1.351.247 Mitglieder zählt. Es werden mehr, denn immer mehr Menschen entdecken aktuell das Laufen, Wandern, Gehen – Hauptsache, los! Und sei es nur,  um einen momentanen Stillstand zu beenden.

Kilometer zurücklegen – und mit ihnen Probleme

Wie Isabel Bodgan zum Beispiel, die nach dem Tod ihres Partners am Ende ihrer Kräfte war: „Ich laufe mir die Grübelei weg, andere Leute laufen angeblich, weil sie dabei gut nachdenken können, ich kann an gar nichts anderes denken als an meinen Körper, ob er funktioniert, wie er funktioniert, wie das Laufen sich anfühlt, ob ich noch kann und wenn ja, wie weit.“ Es ist ihr gelungen, in ihr Leben zurückzulaufen, nachzulesen in ihrem Buch „Laufen“.

Der in Gedanken spazierende Fußgänger

Zu den In-Bewegung-Denker.innen gehörte Jean-Jacques Rousseau. „Ich kann nur beim Gehen nachdenken“, schrieb er, „bleibe ich stehen, tun dies auch meine Gedanken.“ Sein Tempo war wohl langsam, der Philosoph rannte nicht, spazierte mehr. Es gibt sogar Spaziergangswissenschaftler, „Promenadologen“, und Menschen wie Silke Scheidel in Kaiserslautern, die faire Spaziergänge organisiert, vor Ort. Schließlich zeigt sich die Welt schon beim ersten Schritt vor die Haustür.


Tipps zum Laufstart

DER Fortbewegungsplan

„Wer täglich rund zehn Minuten zügig geht, reduziert sein Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes um 20 Prozent“,  sagt Univ.-Prof. Dr. med. Martin Halle, Direktor der Präventiven Sportmedizin und Sportkardiologie am Klinikum rechts der Isar der TU München. Er und sein Team haben mit dem Bayerischen Leichtathletikverband im Rahmen des Projekts „LAUF10! – In 10 Wochen vom Couch Potato zum 10-Kilometer-Läufer bzw. Walker“ Trainingspläne entwickelt. Einen kostenfreien Download gibt’s hier: https://www.sport.mri.tum.de/de/service/downloads

Jetzt joggen? Durchatmen und losgehen!

  • Mit einem Wechsel von Gehen und Laufen beginnen
  • Nicht zu warm anziehen
  • Immer wieder neue Wege laufen. Waldpfade sind zum Joggen ideal, weil sie durch ihre Unebenheit viele Muskeln ansprechen
  • Lieber öfter an mehreren Tagen pro Woche kurz trainieren als einmal lang und erschöpfend
  • Pausen machen
  • Manchmal einen kurzen Spurt einlegen
  • Wenn etwas wehtut, aufhören
  • Vor und nach dem Joggen dehnen und strecken
  • Laufpartner:innen motivieren auch an grauen Tagen

SOS-Kit für die Wanderschaft

Ein mit Verbänden, Dreiecktuch und Rettungsdecke ausgestattetes Erste-Hilfe-Set sollte in den Wanderrucksack passen sowie ein Handy für den Notruf 112. Und auch an eine Zeckenzange oder Pinzette denken!

Tipp: Du hast noch keine Zeckenzange? Dann hol dir unseren Flyer „Gegen Zecken schützen“ inkl. Zeckenkarte zum sicheren Entfernen einer Zecke. Jetzt kostenfrei unter marketing@bkk-provita.de anfordern.

Schöne Wanderwege

Der Heidschnuckenweg in der Lüneburgerheide wäre für Anfänger perfekt: 220 Kilometer, kaum Höhenmeter. Etwas anspruchsvoller ist die Empfehlung von Michael Blasius: eine Vier-bis-fünf-Tagetour vom Königssee zum Watzmann und ins Steinerne Meer. Die Europäischen Fernwanderwege sind von der Europäischen Wandervereinigung initiiert worden. Die Gesamtlänge beträgt ungefähr 60.000 Kilometer. Beim Deutschen Wanderverband (www.wanderverband.de)  und dem Deutschen Alpenverein (www.alpenverein.de) finden sich fast alle Fernwanderwege.

Gegen Blasen

Erfahrene Weitwanderfans schwören auf zwei Lagen dünne, gut sitzende Socken mit Fersen. Bei ersten Druckstellen gleich Blasenpflaster anwenden, nicht erst warten, bis schon Blasen entstanden sind.

Dieser Beitrag erschien zuerst im „Magazin fürs Leben“ (Ausgabe 2/2021). Unsere Mitgliederzeitschrift bietet viermal im Jahr viele spannende Themen.

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Karen Cop

Als Gesundheitsjournalistin und Autorin ist sie der BKK ProVita schon lange verbunden, seit einigen Jahren auch als Redaktionsleiterin des Mitgliedermagazins. Sie liebt Radfahren, Yoga, ihre bunte Patchwork-Familie und alles, was grün ist – na gut, buntes Gemüse auch.

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